Die diesjährige Landestagung nimmt der Sozialdienst katholischer Frauen in Bayern zum Anlass, ein hochaktuelles Thema in den Blick zu nehmen. Denn die Frage nach dem Abschied vom Umverteilungsstaat und der Sicherstellung sozialer Gerechtigkeit beschäftigt nicht nur Politiker und Medien, sondern auch die davon betroffenen Menschen und Organisationen in zunehmendem Maße.
Als Bismarck vor mehr als
120 Jahren das System der sozialen Sicherung einführte, war es sein Anliegen,
eine Mindestversorgung der arbeitenden Klasse bei den Lebensrisiken Krankheit,
Unfall und Invalidität zu gewährleisten. Die deutsche Sozialpolitik, die stets
mehr soziale Sicherheit garantierte als viele andere Länder und dadurch für
eine gesellschaftliche und politische Stabilität sorgte, ist aber schon lange
reformbedürftig, nicht zuletzt wegen ihrer hohen Finanzierungslasten. Seit
Jahrzehnten übersteigen nämlich die Leistungen, die der Staat seinen
Bürgerinnen und Bürgern gewährt, die Einnahmen, die er nur aus deren Leistungen
gewinnen kann. Die Sozialpolitik befindet sich dadurch in einem dramatischen
Umbruch. Die Ursachen hierfür liegen in einer ständig zunehmenden Überalterung
der Gesellschaft, dem dramatischen Rückgang von Geburten, der Verlagerung von
Arbeit in Billiglohnländer und nicht zuletzt der Steuerflucht wohlhabender
Deutscher ins Ausland. Dies alles führt dazu, dass die Ressourcen zur
Umverteilung und somit die Möglichkeiten eines sozialen Ausgleichs nicht mehr
in ausreichendem Maße vorhanden sind. Die Grenzen zur Armut werden fließender
und die Sicherheit, nicht in Armut zu geraten, nimmt ab. Das betrifft nicht nur
immer mehr Familien und Frauen, die wir in unserer täglichen Arbeit begleiten,
sondern finanziell bedrohliche Engpässe gibt es heute immer häufiger auch bei
Familien mit mehreren Kindern, bei denen ein Elternteil nicht berufstätig ist.
Je mehr Menschen vom Ende
des Umverteilungsstaat betroffen sind, um so dringender stellt sich die Frage
nach sozialer Gerechtigkeit. So muss die Erziehungsleistung, die Familien als
unentgeltlichen Beitrag zum Wohlstand der Allgemeinheit erbringen, durch eine
deutliche Verbesserung der
Rahmenbedingungen für Familien honoriert werden. Dies könnte auch die
dringend erforderliche Steigerung von Geburten bewirken.
In diesem Sinne fordert der
SkF in Bayern
- kostenfreie Kinderbetreuung für alle unter Sechsjährigen
- bessere Möglichkeiten der Vereinbarkeit von Familie und Beruf
- deutliche Entlastung für Familien durch eine familiengerechte Besteuerung.
Hinsichtlich der seitens des
Staates rückwirkend zum Beginn des Jahres vorgenommenen Maßnahmen im Bereich
der sozialen Arbeit fordert der SkF
- Rücknahme der Zuschusskürzungen für die Insolvenzberatung und
Obdachlosenhilfe, die zu Lasten von Menschen geht, denen die entsprechende
Fachberatung jetzt genommen wird
- Weiterfinanzierung der Querschnittsaufgaben zur Gewinnung, Fortbildung und
Begleitung ehrenamtlich Tätiger im Bereich „Betreuungen nach BtG “. Angesichts
des dramatischen Anstiegs von Betreuungsfällen ist das große ehrenamtliche
Engagement des SkF unverzichtbar und muss weiterhin finanziell gesichert sein.
Freising, den 3. Mai 2004
Margarete Richardi
Vorsitzende