Bayerische Landestagung 2009 des
Sozialdienst katholischer Frauen
27. – 28. April 2009
„Die
multiethnische Stadt der Zukunft muss neue Formen des Zusammenlebens suchen“,
appellierte Prof. Dr. Ursula Boos-Nünning, Soziologin und Migrationsforscherin
der Universität Duisburg-Essen an die zahlreichen Zuhörerinnen und Zuhörer der
Bayerischen Landestagung des SkF im Kardinal-Döpfner-Haus in Freising.
In ihrem Vortrag beleuchtete Prof. Boos-Nünning die geschichtliche und heutige
Situation von jungen Frauen und Mädchen mit Migrationshintergrund in
Deutschland. Neben mehr Gemeinsamkeiten als allgemein angenommen bestehen
Unterschiede insbesondere im Bereich des Familialismus. Diesen als Norm zu
begreifen sei daher der Schlüssel zum Verständnis, betonte sie.
Entscheidend jedoch ist es, den eigenen Blick auf die Kinder und Jugendlichen
zu verändern. „Nicht ihre Defizite sondern ihre Ressourcen müssen gesehen
werden, um sie in Schule und Arbeitsmarkt zu fördern.“
60 % der 0-3 jährigen Kinder haben einen Migrationshintergrund, so der
Mikrozensus 2005. Allein diese Zahl verdeutlicht die Aktualität der
multiethnischen Realität in Deutschland und zeigt, dass Fragen der Integration
und interkultureller Kompetenz dringend bearbeitet werden müssen. Dies darf
jedoch keine Einbahnstraße sein.
In Familien mit
Migrationshintergrund bieten traditionelle Strukturen und Familialismus
zunächst Schutz und auch Sicherheit in der Fremde. Diese Vorteile entwickeln
sich zum Zwang, wenn keine alternativen Lebensentwürfe zugelassen werden.
Serap Cileli –
Autorin und Expertin für türkische Frauen in Not – wies in ihrem Beitrag auf
die Schattenseite des Familialismus für junge Frauen und Mädchen mit türkischem
Migrationshintergrund hin.
Inakzeptabel sei die von der Familie und Tradition geforderte Loyalität in
Fällen von Zwangsheirat und Ehrenmord. Frau Cileli appellierte an die
Zuhörerinnen, sich für Krisenstellen und Schutzhäuser für von Gewalt und
Morddrohung bedrohte junge Frauen mit türkischem Migrationshintergrund
einzusetzen.
Der SkF hat in
seinen Beratungsstellen und weiteren Diensten seit langem Kontakt zu Migrantinnen.
Der Verband verstärkt sein Engagement für Mädchen und Frauen mit Migrationshintergrund
(Elternkurse in türkischer und russischer Sprache, Deutschkurse für Mütter).
Als sozialer Fachverband muss der SkF zweigleisig verfahren. So sollte er z. B.
Anlaufstellen und Schutzstellen für bedrohte Mädchen und Frauen schaffen, Kooperationen
mit Migrantenorganisationen überprüfen und muttersprachliche Fachkräfte verstärkt
integrieren.
Mit diesem
Engagement will der SkF in Bayern seinen Beitrag zur aktiven
Integrationspolitik verstärken. Der Blick des SkF richtet sich dabei auf die
Unterstützung bei der Bewältigung der Probleme von Frauen und Mädchen.
München, 30. April 2009
Elisabeth Maskos
Landesvorsitzende